· 

Die unsichtbare Last - Teil 2

Wie traumatische Ereignisse sich auswirken können und was du tun kannst um ins Vertrauen zu finden

Inhaltsverzeichnis:

  1. Definition und Arten traumatischer Erlebnisse beim Reiten
  2. Symptome beim Reiter
  3. Auswirkungen der Reiter-Symptome auf das Pferd
  4. Auswirkungen auf die Beziehung zwischen Reiter und Pferd
  5. Trauma und Bindung
  6. Strategien zur Bewältigung und Heilung
  7. Verarbeitung des traumatischen Erlebnisses

1. bis 4. findest du in Teil 1 hier.

Trauma und Bindung

Vertrauensverlust

Vertrauen ist das Fundament einer jeden Beziehung zwischen Reiter und Pferd. Traumatische Erlebnisse können dieses Vertrauen zerstören und es schwer machen, eine positive und vertrauensvolle Beziehung aufzubauen.

Denn Vertrauen ist nicht nur das Wissen darüber, dass z.B.

  • ich über ausreichend Fähigkeiten verfüge um gut mit meinem Pferd klar zu kommen
  • mein Pferd sicher ist und in jeder Situation händelbar bleibt
  • ich sattelfest bin
  • mein Pferd selbst wenn es sich erschreckt, bei mir bleibt und zuhört

Das wichtigste fehlt leider, das Gefühl von ICH kann das und mein PFERD kann das auch. Wir können das!

Es nicht nur zu wissen, sondern auch zu fühlen!

 

Eine Klientin verlor nach einem schweren Sturz das Vertrauen in ihr Pferd. Sie hatte einen wirklich tollen Fuchs, der super anständig war. Und weder sie noch ihr Pferd konnten etwas für diesen Sturz. Jedoch kam die Panik ab dem Aufsteigen. Sie schaffte es immerhin sich im Schritt führen zu lassen. Jedoch veränderte sich nichts, selbst ein Jahr später kam sie nicht über Schritt geführt hinaus. Sie wusste, dass ihr Pferd brav ist. Sie wusste, dass sie ihn gut reiten kann. Aber sie fühlte etwas anderes! Sie fühlte jede Sekunde, die Panik vom Sturz. Erst nach der Aufarbeitung ihres Sturzes, war es ihr wieder möglich alleine, frei zu reiten. Heute reitet sie ganz normal Schritt, Trab und Galopp.

 

Wege ins Vertrauen

Ohne Vertrauen ist auch keine stabile Bindung möglich! Eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Reiter und Pferd beginnt mit dem Verstehen und der Akzeptanz des Traumas. Es ist wichtig, sich die eigenen Ängste einzugestehen und sich Zeit zu geben, diese zu verarbeiten. 

 

Durch gemeinsame positive Erfahrungen und behutsames Vorgehen können Pferd und Reiter wieder zur Ruhe finden. Um dann aus einer stabilen und ruhigen Position heraus die noch immer sich zeigenden psychischen Wunden des Sturzes zu versorgen und abheilen zu lassen. Dann ist es meiner Erfahrung nach auch möglich, dass die Angst geht und Vertrauen und Bindung wieder möglich wird. 

 

Strategien zur Bewältigung der Angst beim Reiten

Erkennen und Akzeptieren

Der erste Schritt ist das Erkennen und Akzeptieren der Angst und der damit häufig in Verbindung stehenden traumatischen Erfahrungen. Es ist wichtig, sich die eigenen Ängste einzugestehen und sich Zeit zu geben, diese zu verarbeiten.

 

Die Frage ist doch nur, WIE soll, kann man denn die Angst verarbeiten? Es braucht viele kleine Schritte, Geduld, einen klaren Fahrplan. Das Nervensystem braucht die Möglichkeit zur Ruhe zu kommen, denn nach traumatischen Erfahrung ist unser Nervensystem häufig noch bis zu Jahrzehnte später im Überlebensmodus. Deine Ressourcen sind unglaublich wichtig. Und wie das konkret aussehen kann, zeige ich dir jetzt in ein paar Punkten.

 

 

 

Empathie und Mitgefühl für sich selbst

Entwickle Mitgefühl für dich selbst und deine Situation. Akzeptiere, dass du verletzt wurdest und dass es Zeit braucht, um zur Ruhe zu kommen. Und dich wieder sicher zu fühlen.

Die meisten gehen sehr hart mit sich selbst ins Gericht. Da laufen manchmal den ganzen Tag in Dauerschleife:

 

  • Jetzt stell dich doch nicht so an, du weißt doch dass dein Pferd brav ist.
  • Wie kann man nur so dumm sein, oder so unfähig? 
  • Jeder kann mein Pferd reiten, nur natürlich ich mal wieder nicht.
  • diese blöde Angst, warum bin ich einfach zu blöd, die weg zu drücken?
  • jetzt reite ich schon so lange, das kann ja wohl nicht wahr sein, dass ich das nicht schaffe.

Würdest du so mit deiner besten Freundin sprechen, wenn es ihr gerade nicht gut geht? Oder würdest du so mit einem kleinen Kind sprechen? Es gibt Gründe dafür, warum wir so mit uns sprechen. Zu verstehen, warum wir so mit uns sprechen, kann es oft leichter machen. Jedoch sprengt das jetzt den Rahmen. 

 

TIPP

Stell dir zunächst vor, deiner besten Freundin geht es nicht gut. Sie leidet stark unter ihren Ängsten und sie ist völlig verzweifelt, weil sie keine Ahnung hat, wie sie da wieder raus kommen soll. 

Was würdest du machen? Vielleicht sie in den Arm nehmen? 

Was würdest du sagen? Vielleicht sowas wie, es ist ok, dass es gerade so ist? Oder auch, dass du ihr hilfst einen Weg zu finden? Vielleicht sowas wie Zuversicht und Verständnis ihr entgegen bringen?

 

Versuch es und fühle mal, welchen Unterschied du wahrnehmen kannst. 

 

Professionelle Hilfe

In vielen Fällen ist es ratsam, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Spezialisierte Therapeuten können helfen, die Angst zu überwinden und positive Erlebnisse zu schaffen. Durch eine professionelle Begleitung kannst du dir einmal wie einen kleinen Notfallkoffer erarbeiten, um besser mit deiner Angst umzugehen. Sowie ganz oft, mit den individuell passenden Handwerkszeug an der Hand, die innere Anspannung nachlässt. Denn wenn du weißt, was du tun kannst um dich und dein Pferd zu beruhigen, sink meist auch die Angst vor der Angst. 

 

Sowie es meiner Erfahrung nach häufig viel Verändert, wenn die Traumatisierungen verarbeitet und gelöst wurden. Das sollte wirklich nur von Therapeuten begleitet gemacht werden. Um Retraumatisierungen vorzubeugen. 

 

Die meisten meiner Klientinnen waren schon lange im Kampf mit sich selbst. Sie haben so lange versucht gegen die Angst anzukämpfen oder sie auf irgendeinem Weg zu bekämpfen. Manche waren schon bei einigen Hypnose- EMDR- oder anderen Therapeuten. Oder waren schon kurz davor den großen Lebenstraum aufzugeben. Sie konnten sich unter keinen Umständen mehr vorstellen, je wieder ohne Angst reiten zu können. 

 

Techniken zur Kontrolle und Entspannung

Atemübungen, Hypnose, Körperübungen und andere Entspannungstechniken können helfen, die eigene Angst zu bewältigen und körperliche Reaktionen zu kontrollieren.

Durch belastende Ereignisse kam dein Nervensystem durcheinander. Du kannst dir das so vorstellen, dass dieser "traumatische Stress" wie in deinem Gehirn eingefroren ist. Und immer, wenn etwas an die belastenden Ereignisse erinnert, taucht dieser traumatische Stress wieder in deinem Körper auf. 

Daher ist ein sehr wichtiger erster Schritt, dein Nervensystem zu beruhigen. Und auch zu wissen wie du dein Nervensystem beruhigen kannst. 

 

TIPP: Countdown - Atmung 

Atme tief durch die Nase ein, bis in den Bauch. Lege vielleicht eine Hand auf deinen Bauch und achte darauf, dass du wirklich bin in den Bauch einatmest. Und atme langsam (langsamer und länger als ein) durch den Mund (leicht zusammengepresste Lippen) gegen einen leichten Widerstand wieder aus. 

Zähle dabei z.B. von 80 in 8er Schritten rückwärts bei jedem mal ausatmen. Wenn du durch verrechnest, ist das völlig ok. Beginne von vorne. 

Nimm danach einmal wahr, was sich verändert hat. 

 

Wichtig!

Die Feuerwehr übt auch nicht erst wenn's brennt! Daher atme bewusst, wenn du gerade auch entspannt bist, oder leicht angespannt. Umso öfter du diese Atemübung in deinen Tag einbaust, umso schneller wird dein Körper auch in einer Angstsituation darauf mit Ruhe reagieren. 

Techniken zur Verarbeitung von Ängsten beim Reiten

Es gibt verschiedene Methoden, um das Gehirn zu unterstützen, traumatische Erlebnisse zu verarbeiten. Dazu gehören Therapieformen wie EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) und andere Techniken, die helfen, die Emotionen in der Vergangenheit zu lassen.

 

Einen Teil der Belastung kann man gut durch Atemtechniken und Ressourcenstärkung abbauen. Jedoch bleibt oft ein Rest, der bei jedem Trigger nach wie vor sich in Gefühlen und Körperreaktionen zeigt. Da bei traumatischen Situationen das Gehirn das Erlebnis nicht einsortieren kann, wird es wie in vielen kleinen Puzzleteilen "gespeichert". Es kann dadurch nicht Vergangenheit werden. Dadurch fühlt es sich immer wieder an, als würde es jetzt gerade passieren. Diese Reaktionen kann man lernen immer und immer wieder zu beruhigen. Jedoch frisst dies auch enorm viel Energie. Daher ist es meiner Erfahrung nach oft sehr erleichternd, die alten belastenden Situationen mit Traumatherapie-Techniken zu verarbeiten. 

Das ermöglicht dem Gehirn, das geschehene Ereignis einzusortieren. Das geschehene wird immer schlimm bleiben, jedoch kann es dann endlich voll zur Vergangenheit werden. Einen Teil, der zu mir gehört, jedoch mich heute nicht mehr belastet. 

 

Eine Klientin schaffte es mit gezielten Ressourcenstärkenden Übungen, dass sie wieder zurück auf ihr Pferd kam. Sie konnte wieder aufsteigen und reiten. Jedoch begann ihr Körper immer noch immer, wenn sie die Stiefel anzog zu zittern. Sie konnte sich danach wieder beruhigen, ihr Pferd fertig machen und reiten. Und diese Anspannung löste sich erst, nachdem die damit in Verbindung stehenden belastenden Ereignisse verarbeitet wurden. 

 

Langfristige Auswirkungen

Es ist wichtig, das traumatische Erlebnis zu verarbeiten, um nicht länger darunter zu leiden. Auch wenn das Erlebnis als schlimmes Ereignis in Erinnerung bleibt, sollte es dich nicht mehr in deinem heutigen Leben beeinflussen.

 

 

Meiner Erfahrung nach verändern sich auch die Pferde nach dieser Arbeit enorm. Die Beziehung zu ihrem Menschen verändert sich. Es wird so viel ruhiger für Pferd und Reiter. 

Für mich ist immer wieder die größte Freude, wenn am Ende unserer Arbeit der Satz fällt. Nie im Leben hätte ich es für möglich gehalten, dass ich jemals wieder SO reiten kann und werde. 

Es berührt mich immer wieder zu tiefst:

❤️ wie viel Vertrauensvorschuss ich bei der Arbeit bekomme, denn die meisten Klientinnen hätten es sich so nicht vorstellen können, jedoch sind sie einem Gefühl gefolgt und wurden belohnt. 

❤️ wie mutig sie auch in herausfordernden Momenten sie dran geblieben sind, wieder mit einem Vertrauen, das sie damals noch nicht in Worte fassen konnten, einem Gefühl, doch das ist mein Weg. 

❤️ wie viel sie und ihr Pferd am Ende an Freiheit, Ruhe und Sicherheit gewonnen haben. Sie können endlich einfach selbstverständlich reiten gehen. 

Du möchtest auch endlich deine Ängste loslassen? Und endlich entspannt, selbstverständlich und unbeschwert die Zeit mit deinem Pferd genießen?

 

Dann melde dich jetzt gleich für mein live online Training "Angst Adé - entspannt und sicher reiten" an.